Out-Law Analysis Lesedauer: 3 Min.
06 Aug 2019, 3:28 pm
Unternehmensgründungen in einem Online-Verfahren sind derzeit nur in einigen wenigen Mitgliedsstaaten der EU möglich. Die neue Richtlinie, die am 11. Juli 2019 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, ist Teil des sogenannten "Company Law Package" der Kommission auf Grundlage dessen ein einheitlicher, formellrechtlicher Rechtsrahmen geschaffen werden soll, zukünftig Kapitalgesellschaften vollständig online zu gründen und eintragen zu lassen, Zweigniederlassungen zu registrieren und Gesellschaftsdokumente bei den zuständigen Registern selbstständig online einreichen zu können.
Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Es wird erwartet, dass die Umsetzung zügig erfolgt.
Die Richtlinie leistet einen wichtigen Beitrag und stärkt die Grundfreiheiten der EU.
Der nun geschaffene Rechtsrahmen wird als weiterer Schritt hin zur Digitalisierung des Binnenmarktes und des europäischen Wirtschaftsraums weitestgehend begrüßt. Obwohl die Richtlinie einige strukturelle Schwächen aufweist, leistet sie einen wichtigen Beitrag und stärkt die Grundfreiheiten der EU, insbesondere die Niederlassungsfreiheit. Es liegt nun an den einzelnen Mitgliedstaaten, die europäische Idee eines einheitlichen, gemeinsamen Wirtschaftsraums in nationales Recht umzusetzen und dem gemeinschaftlichen Digitalisierungsvorhaben Rechnung zu tragen.
Die EU beabsichtigt, durch die Online-Eintragung von Kapitalgesellschaften ein rechtliches und administratives Umfeld zu etablieren, das Arbeitsplätze schafft, das Wirtschaftswachstum ankurbelt und Investitionen fördert, wobei gleichzeitig die gesellschaftsrechtlichen Traditionen der einzelnen Mitgliedsstaaten gewahrt bleiben sollten.
Die Kommission setzt damit erneut ein Vorhaben aus dem gemeinsamen EU-eGovernment Aktionsplan um. Dazu gehörte auch das neue System zur Verknüpfung von nationalen Unternehmensregistern (Business Register Interconnection System – BRIS), das bereits für jedermann online verfügbar ist und den Zugriff auf sämtliche hinterlegte Gesellschaftsinformationen in den Registern eines jeden Mitgliedstaates über eine gemeinsame Plattform ermöglicht.
Die neue Richtlinie schafft kein eigenständiges Regelwerk, sondern fügt neue Vorschriften in die bestehende Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts von 2017 ein. Sie ersetzt nicht die bisherigen nationalen Verfahren zur Eintragung von Gesellschaften, sondern bietet eine zusätzliche Methode zur Gründung und Eintragung von Kapitalgesellschaften.
Nach der Umsetzung der neuen Richtlinie in nationales Recht soll es durch die Online-Eintragung möglich sein, eine Gesellschaft kostengünstig und innerhalb von maximal fünf bis zehn Werktagen zu gründen. Die Richtlinie zielt auch darauf ab sicherzustellen, dass bestimmte Gesellschaftsinformationen grundsätzlich kostenfrei zur Verfügung stehen. Die Gründer sollen über ausreichend detaillierte Informationen, Formulare und digitale Werkzeuge verfügen, um schließlich das Verfahren zur Unternehmensgründung selbstständig durchführen können. Die Informationen sollen von den Mitgliedstaaten in einer Amtssprache der EU angeboten werden, die von möglichst vielen Nutzern in der EU verstanden wird. Das gilt auch für Verfahren zur Änderung von Registerinformationen, zur Einreichung von Dokumenten während des gesamten Lebenszyklus einer Gesellschaft sowie zur Gründung und Eintragung von Zweigniederlassungen.
Die Online-Eintragung ist für die in Anhang II der Richtlinie genannten Kapitalgesellschaften vorgesehen. Die Mitgliedstaaten können Arten von Gesellschaften, die nicht in Anhang IIa aufgeführt sind, ganz oder teilweise vom Online-Verfahren ausnehmen, wenn die Komplexität der Rechtsform dies erfordert. In Deutschland beispielsweise wird die Einführung der Online-Eintragung für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) verpflichtend, wohingegen die Aktiengesellschaft (AG) und Kommanditgesellschaft auf Aktie (KGaA) ausgenommen werden können. Im Vereinigten Königreich ist die Online-Registrierung für die private limited by shares or guarantee obligatorisch.
Die Gesellschaft kann von einer oder mehreren Personen gegründet und eingetragen werden, unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass "Herkunft und die Unversehrtheit der online eingereichten Urkunden elektronisch überprüft werden können".
Nicht erst bei juristischen Personen mit Sitz außerhalb der europäischen Union stellt sich hierbei bisweilen das Problem des Nachweises der Existenz und der Vertretungsberechtigung. Bereits innerhalb der Union sieht man sich unterschiedlichsten Nachweisverfahren ausgesetzt.
Gegenüber deutschen Registergerichten muss eine juristische Person aus einem anderen europäischen Mitgliedstaat, die eine GmbH gründen will, ihre Vertretungsmacht durch ein notarial certificate, eine legal opinion oder einen Auszug aus dem Handelsregister ihres Satzungssitzes, versehen mit einer Apostille nach dem Haager Übereinkommen von 1961, nachweisen. In einigen Fällen hingegen genügt wiederum die notarielle Einsichtnahme in das Register des jeweiligen Mitgliedsstaates ohne separaten Echtheitsnachweis der Urkunde.
Ein kaum lösbares Hindernis dabei ist, dass diese Nachweisverfahren in elektronischer Form (wie eine e-Apostille oder e-Legalisation) schlicht nicht existieren. Der europäische Gesetzgeber hat hierfür bislang noch keine Lösung vorgelegt.
Ein kaum lösbares Hindernis dabei ist, dass diese Nachweisverfahren in elektronischer Form schlicht nicht existieren. Der europäische Gesetzgeber hat hierfür bislang noch keine Lösung vorgelegt.
Wenn eine Gesellschaft unter zur Hilfenahme einer bevollmächtigten Person - wie einem Rechtsanwalt - gegründet werden soll, stehen ausländische Gesellschafter vor gleich zwei Herausforderungen: die Bestätigung, dass dem Bevollmächtigten eine Originalvollmacht zwecks Gründung der Gesellschaft tatsächlich vorliegt sowie der Nachweis über die Existenz und Identität der juristischen Person, in deren Namen der Bevollmächtigte die Gesellschaft gründet. Zumindest in naher Zukunft wird man von einer Online-Gründung durch juristische Personen aus anderen Mitgliedsstaaten wohl noch absehen.
Die Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht ein, ob sie die Online-Eintragung sowohl für die Bargründung wie auch die Sachgründung zulassen wollen. Es bleibt abzuwarten, wie viele Staaten das Online-Verfahren zur Sachgründung anbieten werden, da in einigen Mitgliedstaaten, wie Deutschland, zusätzliche formelle Anforderungen für die Bewertung der Sacheinlage und besondere Formerfordernisse bestehen, die mit der in der Richtlinie vorgesehenen relativ kurzen Eintragungsfrist möglicherweise nicht vereinbar sind.
Die EU möchte sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, um Betrug oder Missbrauch bei der Online-Registrierung von Unternehmen zu verhindern, wie Schutzbestimmungen für die Identifizierung von Gesellschaftern und die Überprüfung der Eignung von Vertretungsorganen. Die Mitgliedstaaten können daher weiterhin regeln, dass die Eintragung von einem Notar vorgenommen wird, der die übermittelten Unterlagen prüft, beglaubigt und weiterleitet.
Besteht eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, so werden nunmehr Informationen zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten beispielsweise über den Gesellschafterwechsel, die Schließung oder die Aufhebung der Zweigniederlassung ausgetauscht. Die neue Richtlinie wird in diesem Bereich zu mehr Transparenz in grenzüberschreitenden Sachverhalten führen.