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Out-Law Analysis Lesedauer: 4 Min.

Testen und Impfen: Arbeitgeber im Konflikt zwischen Vorgaben und Beschränkungen


Geht es um COVID-19-Tests im Betrieb und die Impfung der Beschäftigten, sitzen Arbeitgeber derzeit zwischen den Stühlen: Einerseits werden sie durch teils strenge verbindliche Vorgaben in die Pflicht genommen, zugleich aber unterliegen sie Beschränkungen, die es erschweren, sinnvolle Maßnahmen umzusetzen.

Seit dem Beginn der Pandemie versucht die Bundesregierung durch Testvorgaben und zuletzt insbesondere durch den Fortschritt der Impfkampagne weitere Ansteckungen mit dem Coronavirus zu verhindern. Zunehmend werden dabei auch Arbeitgeber in die Pflicht genommen, da angenommen wird, dass am betrieblichen Arbeitsplatz grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für Ansteckungen besteht – insbesondere, da die Homeoffice-Pflicht Anfang Juli ausgelaufen ist. Auf der anderen Seite werden die Möglichkeiten von Arbeitgebern, die freiwillig Maßnahmen zum Infektions- und Gesundheitsschutz im Betrieb ergreifen wollen, durch das Arbeitsrecht und den Datenschutz erheblich eingeschränkt. Häufig sehen sich Arbeitgeber mit einer in weiten Teilen ungeklärten Rechtslage und Haftungsrisiken konfrontiert. Dies führt in der Praxis zu großer Unzufriedenheit und Verunsicherung. Zudem wurden die Vorgaben immer wieder geändert, unterscheiden sich teils von Bundesland zu Bundesland und werden wohl auch in Zukunft weiter angepasst, sodass es für viele Unternehmen schwer ist, den Überblick zu bewahren.

Tests bei Arbeitnehmern

Arbeitgeber müssen Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich von zu Hause aus arbeiten, zwei Test pro Woche anbieten und die Kosten hierfür übernehmen. Während der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Tests anzubieten, sind Arbeitnehmer in den meisten Bundesländern jedoch nicht verpflichtet, das Angebot auch anzunehmen und die Tests tatsächlich durchzuführen. In einigen Bundesländern gelten jedoch Ausnahmen:

In Bayern müssen Beschäftigte in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen das Testangebot annehmen. In Bremen gibt es sogar eine Testpflicht für alle Arbeitnehmer, die nicht von zu Hause arbeiten. In NRW muss jeder Arbeitnehmer, der mindesten fünf Tage frei hatte, dem Arbeitgeber am ersten Tag nach seiner Rückkehr ein aktuelles COVID-19-Testergebnis vorlegen oder vor Ort einen Test durchführen. Arbeitnehmer mit vollem Impfschutz oder Genesenen-Nachweis sind von der Regel ausgenommen.

Stoppelmann David

Prof. Dr. David Stoppelmann

Rechtsanwalt, Partner

Aufgrund der noch sehr vagen Rechtslage empfiehlt es sich für Arbeitgeber nur im Einzelfall, Tests verbindlich anzuordnen. 

Trotz dieser Ausnahmen gibt es bisher keine allgemeine gesetzliche Grundlage, nach der Arbeitgeber Arbeitnehmer anlasslos zu Tests im Betrieb verpflichten können. Die Rechtsprechung tendiert zwar dahin, dass die Vorgabe von Tests am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber auch außerhalb von Bayern, NRW und Bremen unter bestimmten Umständen rechtmäßig sein kann, insbesondere da Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht grundsätzlich verpflichtet sind, alle Arbeitnehmer im Betrieb vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Aufgrund der noch sehr vagen Rechtslage empfiehlt es sich für Arbeitgeber dennoch nur im Einzelfall, Tests verbindlich anzuordnen. Bei der Entscheidung sollten alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. So kann eine Rolle spielen, ob es viele Verdachtsfälle im Betrieb gibt oder ob Teile der Belegschaft Krankheitssymptome zeigen. Auch hohe Inzidenzen in der Region sowie viele Kontakte im Betrieb und zu Dritten können für die zulässige Anordnung von Tests sprechen, insbesondere dann, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt, die Beschäftigten wirkungsvoll zu schützen. Sofern die Testung trotz berechtigter Anordnung abgelehnt wird, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen, unter bestimmten Voraussetzungen kann er zudem den Lohn des Testverweigerers einbehalten.

Eine weitere entscheidende Frage rund um das Thema Testen im Betrieb ist, ob der Arbeitgeber Anspruch darauf hat, von seinen Arbeitnehmern zu erfahren, wenn diese positiv auf COVID-19 getestet wurden. Immerhin handelt es sich bei den Testergebnissen um Gesundheitsdaten und somit laut Datenschutz-Grundverordnung um besonders sensible Informationen.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern und Dritten spricht allerdings deutlich für sein Recht darauf, über positive Testergebnisse informiert zu werden – gerade, wenn die Testung nach einer der genannten Landesregelungen verpflichtend war. Dies entbindet Arbeitgeber jedoch nicht davon, die Grundsätze des Datenschutzrechts – insbesondere das Prinzip der Datensparsamkeit und der Zweckbindung – zu beachten. Sofern also Arbeitgeber Gesundheitsdaten erheben, müssen in jedem Fall besondere Vorkehrungen für den Schutz der Daten getroffen werden, um zu verhindern, dass diese missbräuchlich verwendet werden. Außerdem müssen die Daten wieder gelöscht werden, sobald der Zweck erfüllt ist, zu dem sie erhoben wurden.

Arbeitgeber sollten ihre Beschäftigten im Rahmen der erforderlichen Information über das Testangebot auch über das konkrete Vorgehen bei Vorliegen eines positiven Schnelltest informieren. 

Impfung von Arbeitnehmern

Die Impfpriorisierung wurde am 7. Juni aufgehoben, seither wurden auch Betriebsärzte verstärkt in die Impfkampagne einbezogen. Aktuell ist knapp die Hälfte der Bevölkerung vollständig geimpft.

In Deutschland besteht keine gesetzliche Impfpflicht, auch nicht für spezielle Berufsgruppe, wie beispielsweise künftig in Frankreich und bereits derzeit in Griechenland für Gesundheits- und Pflegekräfte. Eine solche Impfpflicht wird zwar auch in Deutschland diskutiert, aber überwiegend abgelehnt. Die arbeitgeberseitige Anordnung einer Impfung kommt daher nur in besonderen Einzelfällen in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Rahmen einer Interessenabwägung hinter den Interessen des Arbeitgebers an der Impfung zurücktritt. Solange anderweitige geeignete Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen, dürfte eine Anordnung durch den Arbeitgeber in der Regel unwirksam sein.

Arbeitgeberseitige Appelle zur Impfung oder aber finanzielle Anreize, beispielsweise durch einen Impf-Bonus, sind jedoch durchaus denkbar. Anreize zur Impfung werden allerdings auch jetzt schon auf anderem Wege gesetzt, beispielsweise indem die Pflicht, sich testen zu lassen, für vollständig immunisierte Reiserückkehrer in NRW aufgehoben wurde. Vermutlich werden in den kommenden Monaten noch weitere Anreize geschaffen.

Dennoch sind Arbeitnehmer grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, ob sie geimpft wurden oder nicht: Nach Artikel 9 Absatz 1 DS-GVO ist die Verarbeitung besonders schützenswerter personenbezogener Daten – zu denen auch Gesundheitsdaten gehören – grundsätzlich unzulässig.

Porträt von Sarah Kappe

Sarah Kappe

Rechtsanwältin

Es ist empfehlenswert, den Arbeitnehmer zusätzlich eine Einwilligungserklärung zur Verarbeitung der personenbezogenen Gesundheitsdaten unterzeichnen zu lassen. 

Die Daten dürfen aber verarbeitet werden, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich und wirksam einwilligt. Eine Einwilligung zur Verarbeitung der Daten liegt grundsätzlich vor, sofern der Impfnachweis freiwillig vorgelegt wird, etwa, weil Arbeitnehmer in NRW sich so von der dort geltenden Testpflicht für Urlaubsrückkehrer ausnehmen wollen. Es ist gleichwohl sinnvoll und empfehlenswert, den Arbeitnehmer zusätzlich eine Einwilligungserklärung zur Verarbeitung der personenbezogenen Gesundheitsdaten unterzeichnen zu lassen. Zum einen kann so gegenüber dem Arbeitnehmer transparent dargelegt werden, wie, von wem und zu welchem Zweck die personenbezogenen Gesundheitsdaten verarbeitet werden. Zum anderen dient die schriftliche Einwilligungserklärung den Dokumentations- und Nachweiszwecken des Arbeitgebers.

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