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12 Feb 2025, 8:21 am
Der Fall betrifft die Behandlung von Gesellschafterdarlehen nach deutschem Insolvenzrecht und die Frage, ob die entsprechenden deutschen Vorschriften auf ein Darlehen anwendbar sind, das von einem EU-Gesellschafter – im fraglichen Fall aus Österreich – gewährt wurde und dessen Darlehensvertrag eine Bestimmung enthält, wonach die Vereinbarung österreichischem Recht unterliegt.
In dem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelten Fall geht es um eine österreichische Maschinenbaugesellschaft, die als Gesellschafterin an einer deutschen GmbH mit Sitz in Schwerin beteiligt war. Die österreichische Gesellschaft hatte der deutschen GmbH 2015 mehrere Darlehen gewährt, von denen eines durch Abtretung besichert war. In den Jahren 2015 und 2016 zahlte die deutsche GmbH teile des Darlehens und der daraus entstandenen Zinsen an die österreichische Gesellschaft zurück, bis über die deutsche GmbH am 1. Oktober 2016 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Die österreichische Gesellschafterin meldete ihre offenen Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens an. Der Insolvenzverwalter teilte ihr mit, dass ihre Forderungen nach deutschem Recht nachrangig seien und daher nicht zur Tabelle angemeldet werden können.
Daraufhin verklagte die österreichische Gesellschaft den Insolvenzverwalter. Sie wollte eine Feststellung ihrer Forderungen als Insolvenzforderungen erreichen und außerdem erwirken, dass das besicherte Darlehen abgesondert befriedigt wird. Der Insolvenzverwalter reichte Gegenklage ein und forderte im Rahmen einer Insolvenzanfechtung die Rückerstattung bereits geleisteter Zins- und Tilgungszahlungen von der österreichischen Gesellschaft. Das mit dem Fall betraute Landgericht Schwerin und das Oberlandesgericht Rostock wiesen die Klage der österreichischen Gesellschaft ab und gaben der Klage des Insolvenzverwalters statt. Die österreichische Gesellschaft legte gegen das Urteil Revision ein.
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Fragen, ob die Insolvenzanfechtung und die Rangfolge der Forderungen nach deutschem oder nach österreichischem Recht beurteilt werden müssen, wobei die alte Fassung der Europäischen Insolvenzverordnung herangezogen werden muss, da das Insolvenzverfahren 2016 eingeleitet wurde, als diese noch gültig war.
"Das deutsche Insolvenzrecht gewährt Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einen schlechteren Rang als das in anderen Rechtsordnungen der Fall ist", so Dr. Attila Bangha-Szabo, Experte für Insolvenzrecht bei Pinsent Masons. "Gut beratene Gesellschafter konnten daher im Darlehensvertrag das Recht eines Landes wählen, das keine vergleichbare Schlechterstellung für ihr Darlehen vorsah. Ob eine solche Rechtswahl zulässig ist, wird nun der EuGH entscheiden. Der BGH tendiert dazu, die Rechtswahl nicht zuzulassen."
Grundsätzlich greift bei einem Insolvenzverfahren das Recht des Staates, in dem das Verfahren eröffnet wurde. Artikel 13 der alten Fassung der EuInsVO sieht jedoch vor, dass in bestimmten Situationen auch ausländisches Recht gelten kann.
Der BGH möchtet nun vom EuGH wissen, ob besagte alte Fassung des Artikel 13 EuInsVO auf Gesellschafterdarlehen anwendbar ist und ob Gesellschafterdarlehen wie andere Schuldverhältnisse nach dem Darlehensvertrag zu beurteilen sind.
Zudem erkundigt er sich, ob der Grundsatz der Rechtswahlfreiheit auch für Gesellschafterdarlehen gilt und ob es sich bei nationalen Insolvenzvorschriften zum Nachrang von Gesellschafterdarlehen um international zwingende Eingriffsnormen im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Rom I-Verordnung handelt.
"Die Entscheidungen des BGH und des EuGH werden sich auch auf Nicht-EU-Fälle auswirken, beispielsweise im Rechtsverkehr zwischen Deutschland und Großbritannien. Für solche Fälle gilt die deutsche Insolvenzordnung, die aber eine gleichlautende Regelung vorsieht wie die EuInsVO", so Dr. Bangha-Szabo.