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Internationale Konzerne sollen künftig Ertragssteuerberichte veröffentlichen


Bald schon könnten internationale Großkonzerne mit über 750 Millionen Euro Konzernumsatzerlösen im Jahr dazu verpflichtet werden, ihre Ertragssteuerinformationen öffentlich zu machen.

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, dem zufolge internationale Großkonzerne dazu verpflichtet werden sollen, künftig Berichte zu ihren Ertragsteuern im Unternehmensregister zu veröffentlichen. Dies teilte das Bundesjustizministerium mit, das den Gesetzesentwurf vorgelegt hatte.

Mit dem geplanten Gesetz soll die EU Richtlinie 2021/2101 umgesetzt werden, was bis zum 22. Juni 2023 geschehen muss. Die Richtlinie zielt darauf ab, Ertragssteuerinformationen umsatzstarker internationaler Konzerne transparent zu machen, sofern diese in der EU ansässig sind oder Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen einer bestimmten Größe in der EU haben. Der Bericht soll nach Mitgliedstaaten der EU und bestimmten weiteren Steuerhoheitsgebieten, in denen eine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, aufgeschlüsselt werden. Dies wird auch als öffentliches „Country by Country Reporting on Taxes” (CbCR) bezeichnet.

„Der Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt des Gesetzgebers, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gerechtigkeit von Steuersystemen im internationalen Kontext durch umfangreiche Transparenz zu stärken“, so Steuer-Experte Marcus Hierl von Pinsent Masons. „Zukünftig werden für multinationale Unternehmen vier verschiedene Regelungen für die Erstellung von CbCRs zu beachten sein: Neben den OECD Richtlinien Kapitel V., der EU-Amtshilferichtlinie und dem ‚steuerlichen‘ CbCR gemäß Paragraf 138a der Abgabenordnung nun auch der ‚öffentliche‘ CbCR gemäß dem Gesetzesentwurf.“

Hierl bemängelt jedoch, dass diese vier Regelungswerke bisher nicht hinreichend aufeinander abgestimmt wurden. „Zu nennen ist hier exemplarisch die Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs in dem geplanten neuen Paragrafen 342 des Handelsgesetzbuches, der über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgeht, um – so die Gesetzesbegründung – Ausweichgestaltungen entgegenzuwirken. Ebenso wurden Strukturen in die Berichtspflicht des ‚öffentlichen‘ CbCR einbezogen, die wiederum nicht in den Anwendungsbereich der EU-Amtshilferichtlinie beziehungsweise der ‚steuerlichen‘ CbCR gemäß Paragraf 138a der Abgabenordnung fallen. Mithin bedeutet dieser unterschiedliche Kreis der einbezogenen Gesellschaften für die betroffenen multinationalen Unternehmen, dass sie zukünftig mindestens zwei separate CbCRs erstellen oder durch entsprechende Überleitungen ermitteln müssen.“

Konkret sieht der Entwurf vor, dass bestimmte in Deutschland ansässige konzernunverbundene Unternehmen und oberste Mutterunternehmen verpflichtet werden, einen Ertragssteuerinformationsbericht zu erstellen und im Unternehmensregister zu veröffentlichen. Entsprechende Neuregelungen sollen mit einem neuen Paragraf 342 und den daran anschließenden Paragrafen in das Handelsgesetzbuches (HGB) aufgenommen werden. Die neue Berichtspflicht soll allerdings nur für Unternehmen gelten, deren Umsatzerlös beziehungsweise Konzernumsatzerlös in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren weltweit jeweils einen Betrag von 750 Millionen Euro übersteigt. Eine Ausnahme soll für CRR-Kreditinstitute und große Wertpapierinstitute gelten, sofern sie bereits einen länderbezogenen Bericht gemäß den einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben veröffentlichen.

Auch Konzerne, die außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässig sind, würden von den geplanten neuen Regeln erfasst, wenn sie vergleichbar umsatzstark sind und in Deutschland über ein mittelgroßes oder großes Tochterunternehmen oder eine Zweigniederlassung vergleichbarer Größe aktiv sind. In diesen Fällen müssten besagte Tochterunternehmen oder Zweigniederlassung den Bericht beschaffen und offenlegen.

Der Ertragsteuerinformationsbericht soll unter anderem Pflichtangaben zur Zahl der Mitarbeiter, den Umsätze, dem Vorsteuer-Ergebnis, den bezahlte Ertragsteuern sowie einbehaltene Gewinne enthalten. Der geplante Paragraf 342k HGB sieht allerdings vor, dass betroffene Unternehmen bestimmte Angaben bei entsprechender Begründung zeitweise nicht in den Bericht mit aufnehmen müssen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Offenlegung dieser Informationen der Marktstellung des Unternehmens einen „erheblichen Nachteil“ zufügen würde.

Zudem müssen die Berichte nicht nur im Unternehmensregister veröffentlicht werden: Die betroffenen Unternehmen sollen auch auf ihrer Website auf die Veröffentlichung im Unternehmensregister hinweisen oder den Bericht selbst direkt auf ihrer Website zur Verfügung stellen.

Kommt ein Unternehmen den geplanten neuen Pflichten nicht nach, soll das Bundesamt für Justiz bei Säumnis Ordnungsgelder und bei inhaltlichen Verstößen Bußgelder verhängen können.

Laut Bundesjustizministerium wird der Bürokratieaufwand für Unternehmen so „gering wie möglich gehalten“, da sich die Berichte in weiten Teilen mit den Berichten decken, die die betroffenen Unternehmen bereits an die Finanzverwaltung übermitteln müssen. Hierl betont jedoch, dass sich hinsichtlich der formalen Anforderungen bedeutsame Unterschiede ergeben: „Anders als der ‚steuerliche‘ CbCR soll der ‚öffentliche‘ CbCR durch den Aufsichtsrat geprüft werden und auch Bestandteil des Testats des Wirtschaftsprüfers sein. Bei Konzernen, die in einer Vielzahl an Ländern tätig sind, dürfte dies zu einer deutlich höheren Kostenbelastung führen.“

Auch die weitere Bindung interner personeller Ressourcen stelle eine immense Herausforderung dar, so Hierl weiter: „Neben der ‚steuerlichen‘ und ‚öffentlichen‘ CbCR müssen sich die betreffenden Unternehmen auch auf die Einführung der globalen Mindestbesteuerung vorbereiten. Die hierfür erforderlichen administrativen Aufgaben und Datenschnittstellen werden dabei weitgehend von den gleichen Abteilungen im Unternehmen umzusetzen sein.“

Daher stelle sich die Frage, ob die Einführung des „öffentlichen“ CbCR gerade in einer Zeit multipler globaler Krisen ungünstig sei und die Unternehmen so zusätzlich mit erheblichem Verwaltungsaufwand belastet würden. „Es wäre zumindest wünschenswert, den Anwendungsbereich des ‚öffentlichen‘ CbCR mit dem des länderbezogenen ‚steuerlichen‘ CbCR gemäß Paragraf 138a der Abgabenordnung noch im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in Einklang zu bringen“, so Hierl.

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