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Bundestag beschließt: Leitentscheidungsverfahren beim BGH wird eingeführt

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Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Foto von Sean Gallup via Getty Images.


Um Gerichte zu entlasten und Verfahren zu beschleunigen, wird ein neues Leitentscheidungsverfahren für Massenverfahren vor dem BGH eingeführt.

Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof (BGH) mit kleinen Änderungen angenommen.

Bei Massenverfahren handelt es sich um eine große Anzahl von Einzelklagen in identisch oder ähnlich gelagerten Fällen. Die stetig steigende Zahl solcher Massenverfahren, beispielsweise in den Bereichen Fluggastrechte und Datenschutz, belastet die deutsche Justiz schon seit Jahren.

Leitentscheidungen durch den BGH sollen die Zivilgerichte künftig entlasten. Die Idee dahinter: An einer frühzeitig ergehenden Leitentscheidung durch die höchste Instanz könnten sich die mit ähnlichen Fällen befassten Instanzgerichte orientieren. So könnten sie die Verfahren schneller und mit weniger Aufwand abschließen. Der Weg durch mehrere Instanzen würde vermieden.

Um ein Verfahren zum Leitentscheidungsverfahren zu machen, kann der BGH künftig aus den bei ihm anhängigen Revisionen zu ähnlich gelagerten Fällen ein geeignetes Verfahren auswählen, das ein möglichst breites Spektrum an offenen Rechtsfragen bietet. Hat er es zum Leitentscheidungsverfahren erklärt, kann er darüber entscheiden – auch wenn die Revision zurückgenommen wird oder das Verfahren per Vergleich beendet wird. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung als begründeter Beschluss. Sie ist auf die Erwägungen zu beschränken, die für das Massenverfahren von Bedeutung sind. Die Entscheidung des BGH ist dann formal gesehen nicht bindend, bietet jedoch gleichwohl die beabsichtigte Orientierung für andere Gerichte und die Öffentlichkeit.

Macht der BGH ein Verfahren gemäß dem neuen Gesetz zum Leitentscheidungsverfahren, so können die Instanzgerichte die bei ihnen anhängige Parallelverfahren aussetzen. Der Bundestag hat im Zusammenhang mit der Aussetzung Änderungen an dem Gesetzesentwurf vorgenommen: „Der Entwurf der Bundesregierung sah vor, dass die Gerichte ein Verfahren nur mit Zustimmung beider Parteien aussetzen können, bis die Entscheidung durch den BGH ergeht“, so Johanna Weißbach, Expertin für Massenverfahren bei Pinsent Masons. „Das Zustimmungserfordernis wurde im Gesetzgebungsverfahren durch verschiedene Fraktionen kritisiert. Der vom Bundestag beschlossene Gesetzestext ist nun etwas weitgehender: Die Parteien sind vor der Aussetzung anzuhören – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Eine Aussetzung hat in der Folge nur dann zu unterbleiben, wenn eine Partei der Aussetzung widerspricht und hierfür gewichtige Gründe glaubhaft machen kann. Gewichtige Gründe können zum Beispiel eine bevorstehende Insolvenz einer Partei oder aber das fortgeschrittene Alter des Klägers sein.“

Der Zeitraum der Aussetzung ist begrenzt auf ein Jahr, sofern eine Partei die Fortsetzung nach Ablauf eines Jahres beantragt. Bei Vorliegen gewichtiger Gründe kann jedoch auch länger als ein Jahr ausgesetzt werden.

Das Gesetz wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzesblatt in Kraft treten.

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