Out-Law Guide Lesedauer: 4 Min.
18 Feb 2022, 2:26 pm
Für Lobbyisten (Unternehmen und Einzelpersonen), die Einfluss auf Entscheidungen des Bundestages oder der Bundesregierung nehmen wollen, gelten seit Januar 2022 strengere Regeln: Das Lobbyregistergesetz verpflichtet alle, die Kontakt zu Mitgliedern des Bundestages oder der Bundesregierung aufnehmen wollen, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen, sich im Lobbyregister des Bundestages einzutragen.
Durch das Lobbyregister soll für die Öffentlichkeit ersichtlich werden, wie Lobbyisten auf die Funktions- und Entscheidungsträger des Bundestages und der Bundesregierung Einfluss nehmen oder wie sie versuchen, Einfluss zu nehmen. Das Lobbyregister ist öffentlich einsehbar und soll „erstmals eine weitgehende strukturelle Transparenz von Interessenvertretung auf Bundesebene gewährleistet“, so der Bundestag.
Der Begriff „Interessenvertretung“ ist im Lobbyregistergesetz weit gefasst. Bei jeder Kontaktaufnahme zu Organen, Mitgliedern, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages sowie zur Bundesregierung, die dem Zweck dient, Einfluss auf die politische Willensbildung der Bundesregierung oder des Bundestages zu nehmen, handelt es sich dem Gesetz nach um Interessenvertretung. Das gilt auch für die Kontaktaufnahme zu Parlamentarischen Staatssekretären, Abteilungsleitern und Unterabteilungsleitern der Bundesregierung.
Bloßes „Vertaggen“ in sozialen Netzwerken gilt allerdings nicht als Kontaktaufnahmen und fällt somit nicht unter die Definition von Lobbyarbeit.
Das Lobbyregistergesetz verpflichtet alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Organisationen, Netzwerke, Plattformen und andere kollektive Tätigkeitsgruppen, die Interessenvertretung selbst betreiben oder in Auftrag geben, sich im Lobbyregister einzutragen, wenn sie eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt:
Auch Unternehmen aus dem Ausland, die Lobbyarbeit selbst betreiben oder in Auftrag geben, müssen sich in das Lobbyregister eintragen. Bei bloßer Mitgliedschaft in einem Interessenverband liegt jedoch noch kein Auftragsverhältnis vor.
Das Gesetz sieht diverse Ausnahmen vor. Sie gelten unter anderem für politische Stiftungen, Kirchen, Gewerkschaften und kommunale Spitzenverbände, Medienvertreter sowie für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, sofern sie Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen. Zudem sind all jene ausgenommen, die eine Form von beratender Tätigkeit für den Bundestag oder die Bundesregierung erfüllen, weil sie beispielsweise in einen Expertenrat berufen wurden oder um ihre Einschätzung zu einem Sachverhalt gebeten wurden.
Interessenvertreter können sich auch im Lobbyregister registrieren, wenn sie dazu nicht gesetzlich verpflichtet sind.
Welche Pflichten sind an den Eintrag geknüpft?
Wer sich im Lobbyregister registriert, akzeptiert zugleich auch einen Verhaltenskodex, der die Interessenvertreter auf die Grundsätze der Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität verpflichtet. Der Kodex legt auch fest, in welcher Form Interessenvertreter an Mitglieder von Bundestag und Bundesregierung herantreten dürfen. Verstöße gegen den Verhaltenskodex werden im Register veröffentlicht.
Für die Eintragung muss über die Website des Lobbyregisters ein Admin-Konto eingerichtet werden. Ein vom Deutschen Bundestag zur Verfügung gestelltes Handbuch erläutert alle weiteren Schritte.
Interessenvertreter müssen im Lobbyregister Angaben zu ihrer Person machen. Natürliche Personen müssen ihren Vornamen sowie den Familien- und Geburtsnamen, das Geburtsdatum und den Geburtsort, ihre Anschrift sowie ihre elektronischen Kontaktdaten angeben.
Juristische Personen, Personengesellschaften oder sonstige Organisationen müssen den Namen ihrer Organisation, ihre Website, E-Mail-Adresse und Anschrift sowie ihre Rechtsform angeben. Auch die Namen und elektronischen Kontaktdaten aller gesetzlichen Vertretungen oder sonstiger vertretungsberechtiger Personen der Organisation müssen bereitgestellt werden, wobei Prokuristen oder Beschäftigte mit Handlungsvollmacht hiervon nicht umfasst sind. Gleiches gilt für die Vornamen, Familienname sowie Geburtsnahmen der Beschäftigten, die die Interessenvertretung ausüben. Auch die Mitgliederzahl und die Mitgliedschaften der Organisation müssen angeben werden.
Natürliche wie auch juristische Personen müssen zudem ihre Interessengebiete und Tätigkeit benennen und Angaben zu Auftraggebern machen, für die sie Interessenvertretung betreiben.
Die im Lobbyregister abgefragten Informationen sind zum Teil sehr sensibel. Grundsätzlich dürfen Interessenvertreter besonders sensible Angaben verweigern, darunter Angaben zu ihren jährlichen finanziellen Aufwendungen, zu Zuwendungen und Zuschüssen sowie zu Jahresabschlüssen und Rechenschaftsberichten. Werden diese Angaben verweigert, wird die Weigerung jedoch im Lobbyregister vermerkt. Zudem kommen die betroffenen Personen und Organisationen auf eine gesonderte Liste, die öffentlich im Lobbyregister einsehbar ist. Eine Verweigerung dieser Angaben kann darüber hinaus zur Folge haben, dass der Deutsche Bundestag Zugangsberechtigungen nicht erteilt und eine Beteiligung an bestimmten Gesetzesvorlagen nicht erfolgt.
Besteht berechtigter Grund zu der Annahme, dass ein Interessenvertreter Opfer einer Straftat werden könnte, können außerdem Informationen zu seinem Namen, Wohnort, Geburtsdatum und seine Kontaktdaten von der Veröffentlichung ausgeschlossen werden. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für Einzelpersonen, nicht für Organisationen.
Wer sich nicht rechtzeitig in das Register einträgt, obwohl er hierzu verpflichtet ist, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Falsche oder unvollständige Angaben können ebenfalls mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Kommen mehrere Verstöße zusammen, kann die Geldbuße auch höher ausfallen.
Die im Lobbyregister hinterlegten Daten müssen grundsätzlich jährlich aktualisiert werden. Dies dürfte für viele Organisationen einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Wer seinen Eintrag nicht rechtzeitig oder nicht richtig aktualisiert, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die ebenfalls mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Werden die Daten über ein Jahr hinaus nicht aktualisiert, werden die Interessenvertreter elektronisch an die Aktualisierung erinnert. Wenn sie nach drei Wochen nicht auf die Erinnerung reagiert haben, wird der Eintrag als „nicht aktualisiert“ gekennzeichnet. Liegt sechs Monaten nach der Erinnerung noch immer keine Aktualisierung vor, kommen die Betroffenen auf die bereits erwähnte Liste.
Stellt ein Interessenvertreter seine Lobbyarbeit ein und teilt dies dem Deutschen Bundestag mit, wird der Eintrag nicht umgehend aus dem Lobbyregister gelöscht. Er zieht lediglich auf die Liste früherer Interessenvertreter um. Nach 18 Monaten wird er von dieser Liste entfernt.
Co-Autor: Joel Kirschberg von Pinsent Masons
Out-Law News
01 Oct 2021