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26 Nov 2021, 3:59 pm
Die neue Verordnung der EU über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen ist seit dem 11. Oktober 2020 in Kraft. Durch sie wurde ein europaweit einheitlicher Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in europäische Unternehmen der kritischen Infrastruktur, der Rüstung und andere Schlüsselsektoren geschaffen. Dies soll nach Aussage der Europäischen Kommission der Sicherheit der Mitgliedstaaten dienen und verhindern, dass beispielsweise ausländische Regime Kontrolle über europäische Unternehmen der kritischen Infrastruktur erhalten. Die Verordnung legt nicht nur Rahmenbedingungen für die Überprüfung fest, sondern verpflichtet die Mitgliedstaaten auch dazu, dabei enger untereinander und mit der Kommission zusammenzuarbeiten.
Der nun veröffentlichte Bericht (PDF/ 1.073 KB) über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen ist der erste seit Inkrafttreten der Verordnung. Aus ihm geht hervor, dass die Europäische Kommission im Rahmen des neuen Screening-Systems für ausländische Direktinvestitionen bereits 400 Investitionen geprüft hat.
Wie die Kommission mitteilte, betrafen die meisten Meldungen der Mitgliedstaaten zur Überprüfung das verarbeitende Gewerbe, Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik sowie den Groß- und Einzelhandel. Meist kamen die Investoren aus den USA, Großbritannien, China, Kanada und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Laut Bericht rechtfertigten 80 Prozent der Vorgänge keine weiteren Untersuchungen, da sie entweder keine „Auswirkungen auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung hatten oder nicht in den Anwendungsbereich des nationalen Screening-Mechanismus fielen“. Sie wurden daher innerhalb von 15 Tagen durch die Kommission bewertet. 12 Prozent der Transaktionen wurden unter Bedingungen freigegeben, zwei Prozent der Transaktionen wurden untersagt. In weniger als drei Prozent der untersuchten Fälle gab die Kommission eine Stellungnahme ab. Der Kooperationsmechanismus für das FDI-Screening funktioniere effektiv und führe nicht zu unnötigen Verzögerungen bei Transaktionen, heißt es auf der Website der Kommission.
„Es zeigt sich, dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten weiterhin offen für ausländische Investoren sind. Auch wenn ein FDI Screening erforderlich ist, können M&A-Transaktionen rechtssicher und effizient durchgeführt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich der Erwerber frühzeitig mit den Anforderungen und den Prozeduren der Investitionskontrollvorschriften auseinandersetzt“, ist sich Dr. Markus J. Friedl, Transaktionsanwalt von Pinsent Masons, sicher.
Obgleich die Mehrheit der zur Prüfung angemeldeten Transaktionen ohne Bedingungen freigegeben wurden, betont die Kommission die Notwendigkeit des Screening-Systems, da sich die Profile und Investitionsmuster der Investoren in den letzten Jahren deutlich verändert hätten: „Es handelt sich zunehmend um Nicht-OECD-Investoren, die gelegentlich von Regierungen unterstützt oder gelenkt werden und deren Motivation für eine bestimmte Investition nicht immer ausschließlich kommerziell ist.“
Dennoch haben noch nicht alle EU-Mitglieder die Screening-Verordnung umgesetzt: Insgesamt 18 der 27 Mitgliedstaaten verfügen inzwischen über einen eigenen Screening-Mechanismus für Investitionen aus dem Ausland. Als die EU-Kommission 2017 mit der Arbeit an der Screening-Verordnung begann, waren es nur elf Staaten. Auch Deutschland hat zur Umsetzung der Screening-Verordnung sein Außenwirtschaftsrecht reformiert. Die Europäische Kommission erwartet von allen Mitgliedstaaten, dass sie nationale Screening-Mechanismen einführen und so die Zuverlässigkeit des europäischen Investitionskontroll-Systems erhöhen.
„Der nationale Trend, immer mehr ausländische Investitionen zu untersuchen, zeigt sich auch auf europäischer Ebene. In Zukunft ist mit steigenden Fallzahlen zu rechnen, spätestens wenn das M&A-Transaktionsgeschehen wieder Fahrt aufnimmt und weitere EU-Mitgliedstaaten ein Prüfungsregime etablieren“, so Arkadius Strohoff, Experte für Kartellrecht bei Pinsent Masons.