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Insolvenzantragspflicht: Ab Oktober greift wieder das „harte“ Insolvenzrecht


Die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, setzt für zahlungsunfähige Unternehmen ab dem 1. Oktober 2020 wieder ein. Mit ihr kehren auch das Risiko einer Insolvenzverschleppung und die Anfechtbarkeit von Zahlungen zurück.

Für Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, hatte die Bundesregierung im März die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Diese Regelung wurde nun verlängert, allerdings nur für Unternehmen, die überschuldet und zugleich noch zahlungsfähig sind – was nur in Ausnahmefällen zutreffen dürfte.

Für die Mehrheit der Unternehmen gilt daher ab dem 1. Oktober wieder uneingeschränkt die Pflicht, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Ist objektiv erkennbar, dass eine Zahlungsunfähigkeit besteht, und ist jetzt schon klar, dass diese nicht innerhalb der nächsten drei Wochen beseitigt werden kann, muss der Insolvenzantrag sogar unverzüglich gestellt werden.

Das Statistische Bundesamt hatte mitgeteilt, dass es im ersten Halbjahr 2020 6,2 Prozent weniger angemeldete Unternehmensinsolvenzen als im ersten Halbjahr 2019 gab, was auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zurückzuführen ist. Nun, wo die Insolvenzantragspflicht für die Mehrheit der Unternehmen wiedereinsetzt, ist mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen zu rechnen.

Die Drei-Wochen-Frist hält Unternehmen dazu an, einen Insolvenzantrag rechtzeitig zu stellen, statt ihn zu verschleppen. Geschäftsführer und Vorstände machen sich gegebenenfalls strafbar, wenn sie den Antrag beim Insolvenzgericht nicht rechtzeitig stellen. Wird der Geschäftsführung Insolvenzverschleppung vorgeworfen, ist es an ihr zu beweisen, dass das Unternehmen zum fraglichen Zeitpunkt doch noch zahlungsfähig war.

Bei der bevorstehenden Rückkehr der Insolvenzantragspflicht müssen Geschäftsführer und Vorstände darauf achten, dass die Drei-Wochen-Maximalfrist bereits mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu laufen beginnt, nicht erst ab dem 1. Oktober. Jedenfalls die Unternehmen, die schon am 10. September 2020 oder früher zahlungsunfähig waren, müssen den Insolvenzantrag folglich bereits am 1. Oktober stellen.

Auch die Anfechtbarkeit von Zahlungen lebt nun wieder auf: Befriedigt ein insolventes Unternehmen noch bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wird die Interessen einzelner Gläubiger – und benachteiligt so die andere Gläubiger – kann der Insolvenzverwalter diese Leitungen zurückfordern, um sie der Insolvenzmasse wieder zuzuführen.

Mit der Rückkehr zum „harten“ Insolvenzrecht können ab dem 1. Oktober Rückzahlungen von Darlehen, Sicherungsleistungen und Auszahlungen an Gläubiger wieder in vollem Umfang anfechtbar sein – auch dann, wenn die Anfechtbarkeit dieser bisher ausgesetzt war.

Folglich sind nicht nur Zahlungen für neue Verbindlichkeiten, Darlehen oder Besicherungen, sondern auch solche Verbindlichkeiten aus den letzten sechs Monaten betroffen. Selbst bei bisher anfechtungsfesten Stundungs- oder Ratenvereinbarungen können sich Risiken der Anfechtbarkeit ergeben.

 

Unternehmen in der Krise sollten daher: 

  • Prüfen, ob aktuell Zahlungsfähigkeit des Unternehmens besteht, falls nein, ob sie bis zum 1. Oktober beziehungsweise innerhalb von 21 Tagen ab dem Eintreten der Zahlungsunfähigkeit wiederhergestellt werden könnte.
  • Einen Liquiditätsplan und eine Liquiditätsbilanz aufstellen oder, wenn schon vorhanden, diese überprüfen, überwachen und taggenau fortschreiben. Darin wird die finanzielle Lage des Unternehmens dynamisch mit Blick auf die Insolvenzantragsfrist in einem 21-Tage- und darüber hinaus in einem Zwölf-Wochen-Zeitraum betrachtet. Schon allein der Umstand, dass im Unternehmen eine solche Planung und eine – bestenfalls extern geprüfte – Liquiditätsbilanz vorliegt, kann den Vorwurf der Insolvenzverschleppung und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers schmälern.
  • Sofern sie nur überschuldet sind, eine Planungsrechnung – bestehend aus einer Erfolgs-, Vermögens- und Liquiditätsplanung – mindestens für das Jahr 2020, besser noch auch für das Jahr 2021 erstellen. Der Fokus liegt dabei auf der Liquiditätsplanung, mit Hilfe derer die Zahlungsfähigkeit im Prognosezeitraum (mit überwiegender Wahrscheinlichkeit) darzulegen ist, um den Nachweis einer positiven Fortführungsprognose zu erbringen.
  • Das bestehenden Sanierungskonzepts anhand der Rückkehr zur alten Rechtslage überarbeiten.
  • Laufende Sanierungsmaßnahmen fortsetzen.
  • Ein- und ausgehender Zahlungen in Bezug auf deren Anfechtungsrisiko umfassend kontrollieren.
  • Prüfen, ob staatliche Sanierungshilfen beantragt werden könne: Nach wie vor stehen verschiedene staatliche Hilfen für Unternehmen zur Verfügung.
  • Mit Gläubigern und Banken kommunizieren, um Geschäftsbeziehungen zu erhalten und neue Sanierungskonzepte zu entwickeln.
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