Peter Koch und Lara-Christina Willems von Pinsent Masons, der Anwaltskanzlei hinter Out-Law.com, gaben diese Empfehlung ab, nachdem ein Entwurf für ein neues Geschäftsgeheimnis-Gesetz in Deutschland an die Öffentlichkeit gelangt ist.
Mit dem geplanten neuen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen soll die sogenannte Know-How-Richtlinie der EU in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie wurde mit dem Ziel einer Harmonisierung des bisher nur lückenhaften Schutzes für Geschäftsgeheimnisse in der gesamten EU erlassen und trat 2016 in Kraft. Neue britische Geschäftsgeheimnis-Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie wurden Anfang des Jahres vorgestellt.
„Der Regelungsgehalt der Richtlinie wird zwar für ein Mindestmaß an Harmonisierung sorgen, es ist jedoch zu erwarten, dass es weiterhin erhebliche Unterschiede bei der Durchsetzung und dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der EU geben wird“, so Koch.
Die „politische Blockade“ in Deutschland, wegen der es nach den Wahlen im September 2017 erst im letzten Monat zur Bildung einer neuen Koalitionsregierung gekommen ist, habe die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht verzögert, sagte er.
Laut Koch deutet der an die Öffentlichkeit gelangte Entwurf darauf hin, dass die Regierung einen Großteil des Wortlauts der Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen gedenkt.
„Man scheint wenig Ehrgeiz zu haben, über den Inhalt der Richtlinie hinauszugehen oder den Unternehmen mehr Orientierung an die Hand zu geben“, sagte er.
Nach der Richtlinie gilt eine Information als Geschäftsgeheimnis, wenn sie geheim ist, aufgrund ihres geheimen Charakters von wirtschaftlichem Wert ist und Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist. Eine Information gilt nur als geheim, wenn sie „…. den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, [nicht] allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist“.
Die Richtlinie enthält Vorschriften zum Schutz von Unternehmen vor rechtswidrigem Erwerb sowie unrechtmäßiger Verwendung und Offenlegung ihrer Geschäftsgeheimnisse, auch in Bezug auf die Weitergabe dieser Informationen aus zweiter Hand. Allerdings gibt es in der Richtlinie und aktuellen britischen Gesetzen Schutzvorschriften, die den Erwerb von Geschäftsgeheimnissen, beispielsweise durch Rückbau („Reverse Engineering“), ermöglichen.
Nach Aussage von Koch zeigten sich bei einigen Aspekten des durchgesickerten deutschen Entwurfs einige Mängel, während andere Bestimmungen „echte Veränderungen“ versprächen.
„Wenn Unternehmen Informationen preisgeben, die ihnen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens bekannt wurden, müssen sie nur mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro rechnen. Eine solch geringe Strafandrohung dürfte wohl niemanden abschrecken“, so Koch.
Koch begrüßte jedoch Bestimmungen, die im Falle ihrer Einführung einen Schutz nicht nur solcher vertraulichen Informationen vorsehen würden, die während mündlicher Verhandlungen offengelegt werden, sondern auch solcher, die in bei Gericht eingereichten Schriftsätzen enthalten sind.
Nach dem durchgesickerten Entwurf wird das neue Gesetz dem Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses auch einen Anspruch auf Rücknahme solcher Konkurrenzprodukte vom Markt geben, deren Merkmale oder Herstellungsprozess auf einer missbräuchlichen Verwendung des Geschäftsgeheimnisses beruhen oder bei denen diejenigen, die die vertraulichen Informationen erhalten haben, das Marketing des Produkts nachgeahmt haben.
Koch: „Unternehmen sollten sich mit der Definition eines Geschäftsgeheimnisses vertraut machen, wonach die Information ‚Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen‘ gewesen sein muss. Allerdings geben sowohl die Richtlinie als auch der deutsche Gesetzentwurf kaum Hinweise darauf, was das genau bedeutet. Unternehmen sollten daher zunächst definieren, was in ihrem Unternehmen als Geschäftsgeheimnis gilt, dann eine Einschätzung treffen, wie dieses derzeit geschützt ist oder geschützt werden sollte, und schließlich die diesbezüglich ergriffenen Maßnahmen dokumentieren.“
Willems: „Dies gilt insbesondere auch für Mitarbeiterkündigungen, die zu einer anschließenden Entwendung von Geschäftsgeheimnissen führen können. Ein gut geplanter Kündigungsprozess, die Sperrung des Zugangs der betroffenen Mitarbeiter zu IT- oder Dokumentenmanagement-Systemen und die Überprüfung, dass beispielsweise Telefone, Laptops und USB-Sticks zurückgegeben wurden, sind einige wesentliche Maßnahmen zum Schutz der Interessen des Unternehmens.“
Kochs Tätigkeitsgebiet umfasst auch die Beratung von Inhabern von Geschäftsgeheimnissen bei der Erstellung eines Aktionsplans für Notfälle. Dieser Plan solle „definieren, wer innerhalb des Unternehmens verantwortlich ist und wer kontaktiert werden muss, sobald eine Offenlegung oder Entwendung von Geschäftsgeheimnissen festgestellt wird. Er sollte auch Maßnahmen definieren, mit denen das Leck aufgedeckt und geschlossen werden kann, und schließlich die eingetretenen Schäden und die zur Behebung dieser Schäden notwendigen Maßnahmen bewerten“, sagte er.
Sowohl Koch als auch Willems riefen Unternehmen dazu auf, nicht bis zur Umsetzung neuer Geschäftsgeheimnis-Gesetze in Europa, sei es in Deutschland oder anderen EU-Mitgliedstaaten, zu warten, bevor sie diese Maßnahmen ergreifen.