Die Freien Demokraten (FDP) haben vorgeschlagen, das 2017 erlassene Verbot von unkonventionellem Fracking in Deutschland aufzuheben, um auf die geringen deutschen Gasreserven zu reagieren.

Das russische Gasunternehmen Gazprom hat die Lieferungen nach Europa über die Nord Stream 1-Pipeline deutlich reduziert. Diese Reduzierung erschwert die deutsche Gasversorgung zusätzlich.

Der stellvertretende Bundeskanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Die Grünen), erklärte deshalb unlängst, dass Deutschland nun die gasbasierte Stromerzeugung einschränken müsse, um die Gasspeicher füllen zu können. Nur so könne der Rückgang an Gaslieferungen aus Russland abgefedert werden. Gleichzeitig müsse die Verbrennung von Kohle ausgeweitet werden. Die Bundesregierung strebt dabei nach wie vor einen Kohleausstieg bis zum Jahre 2030 an.

Die FDP stellt diese zweigleisige Strategie nun insoweit in Frage, als dass sie das im Jahre 2017 erlassene Verbot von unkonventionellem Fracking neu bewerten lassen möchte. Beim Fracking – abgekürzt für Hydraulic Fracturing – werden Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in Schiefergestein gepumpt, um schmale Risse zu erzeugen, durch die eingeschlossenes Erdgas ausströmen und aufgefangen werden kann.

Leider ist in der öffentlichen Diskussion in Deutschland bisher oft ein „Nullrisiko“ als Beurteilungsmaßstab herangezogen worden. Dies erscheint jedoch wenig sachgerecht, da auch mit der konventionellen Gasförderung Umweltrisiken einhergehen.

Bei der Gasförderung wird – abhängig von der Durchlässigkeit des Gesteins – zwischen "konventionellen" und "unkonventionellen" Gasvorkommen unterschieden. Bei der Bohrung in konventionelle Gasvorkommen kann das Erdgas aufgrund des natürlichen Lagerstättendrucks an die Oberfläche strömen. Dabei wird seit 1961 auch bei der konventionellen Gasförderung die Methode des Frackings eingesetzt, um die Förderraten zu erhöhen oder konstant zu halten. Um unkonventionelle Gase wie Schiefergas und Kohleflözgas, die in dichten Gesteinsschichten gespeichert sind, freizusetzen, ist der Einsatz von Fracking hingegen unerlässlich.

Mit dem 2016 in Kraft getretenen Fracking-Gesetzespaket wurden die bestehenden wasser- und naturschutzrechtlichen Anforderungen für den Einsatz von Fracking in unkonventionellen Gaslagerstätten in Deutschland deutlich verschärft. Ziel des Gesetzes war es, Gesundheitsschutz und Trinkwasserqualität zu gewährleisten. Gleichzeitig ermöglichte das Gesetzespaket wissenschaftlich begleitete Maßnahmen, mit denen empirische Daten zu den Auswirkungen von unkonventionellem Fracking auf Umwelt und Untergrund erhoben werden können.

Wie im Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) geregelt, setzt die Bundesregierung eine unabhängige Expertenkommission ein, welche die beschriebenen Erprobungsmaßnahmen wissenschaftlich begleitet und auswertet sowie hierzu und zum Stand der Technik jährlich Erfahrungsberichte erstellt.

Diese Überprüfung soll die Vereinbarkeit des Fracking-Gesetzespakets mit dem Grundgesetz sicherstellen. Dem letzten Bericht der Expertenkommission vom 30. Juni 2021 zufolge ließen sich die Umweltrisiken des unkonventionellen Frackings durch eine angepasste Steuerung und Überwachung minimieren. Zuvor seien jedoch detaillierte Erkundungen und eine gründliche Prüfung der Vulnerabilität der lokalen Schutzgüter erforderlich, heißt es in dem Bericht der Expertenkommission. Obwohl der Bundestag im Jahr 2021 dazu verpflichtet war, hat dieser seitdem nicht geprüft, ob das Verbot von unkonventionellem Fracking nach dem derzeitigen Stand der Technik noch angemessen ist.

Die FDP hat gegenüber der Welt am Sonntag zum Ausdruck gebracht, dass das Verbot der Erdgasförderung durch Fracking auf den Prüfstand gestellt und alle Optionen eruiert werden müssten. Nach Angaben des energiepolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion unterstützt die FDP den deutlichen Ausbau der heimischen Erdgasförderung. Nach Ansicht der FDP verursacht unkonventionelles Fracking nach heutigen Maßstäben keine relevanten Umweltschäden.

"In der weiteren Diskussion sollte im Vordergrund stehen, inwieweit der Einsatz von Fracking bei der Förderung unkonventioneller Gasvorkommen höhere Umweltrisiken gegenüber der konventionellen Gasförderung mit sich bringt, und, ob potenziell höhere Umweltrisiken noch als vertretbar erachtet werden können. Leider ist in der öffentlichen Diskussion in Deutschland bisher oft ein „Nullrisiko“ als Beurteilungsmaßstab herangezogen worden. Dies erscheint jedoch wenig sachgerecht, da auch mit der konventionellen Gasförderung Umweltrisiken einhergehen", so Dr. Valerian von Richthofen, Experte für Energie und Umweltrecht bei Pinsent Masons, der über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Frackings in Deutschland promovierte.

Die Koalitionsparteien SPD und Grüne weisen eine Entschärfung des Verbotes unkonventionellen Frackings entschieden zurück. Auch die Union, welche das Verbot 2017 als damalige Regierungspartei gemeinsam mit der SPD auf den Weg gebracht hatte, stellt dieses bisher nicht in Frage. Habeck lehnt den Vorstoß der FDP zum Fracking ebenfalls ab: Die Debatte um Fracking nütze momentan nichts, da es Jahre dauere, die unkonventionellen Vorkommen zu erschließen.

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