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Bundeskartellamt erhält zusätzliche Kompetenzen für die Digitalwirtschaft


Bundestag und Bundesrat haben die 10. GWB-Novelle mit weitreichenden Änderungen beschlossen. Das neue Gesetz ist heute in Kraft getreten, das Bundeskartellamt erhält somit neue Befugnisse im Umgang mit marktmächtigen Digitalkonzernen.

Bundestag und Bundesrat haben die 10. Novelle des Wettbewerbsrechts beschlossen. Sie wurde bereits gestern im Bundesgesetzesblatt verkündet und ist somit heute in Kraft getreten. Der Bundestag hatte den Regierungsentwurf des sogenannten GWB-Digitalisierungsgesetzes in der vom Wirtschaftsausschuss geänderten Fassung angenommen. Diese enthält neben Klarstellungen im Digitalbereich auch signifikante Änderungen zur Fusionskontrolle, die erst in letzter Minute Eingang in das Gesetz gefunden haben.   

„Wichtigster Eckpunkt der Novelle ist die neue Missbrauchsaufsicht, die es dem Bundeskartellamt künftig ermöglicht, bei bestimmten wettbewerbsschädigenden Praktiken in der Digitalwirtschaft schneller und effektiver einzugreifen und diese zu untersagen”, so Dr. Laura Stammwitz, Expertin für Kartellrecht bei Pinsent Masons.  So könnte beispielsweise Plattformunternehmen untersagt werden, Angebote von Wettbewerbern – etwa bei der Darstellung der Suchergebnisse – schlechter als eigene Angebote zu behandeln.

Dafür enthält das Gesetz eine neue Regelung (Paragraf 19a GWB-E), die sich an Unternehmen richtet, denen eine ‚überragende marktübergreifende Marktmacht‘ zukommt. „Wie von Experten gefordert, enthält der überarbeitete Gesetzesentwurf nunmehr einen präziseren Katalog an missbräuchlichen Verhaltensweisen und Beispielen, bei denen die Behörde einschreiten kann”, so Dr. Stammwitz. Um Verfahren in diesem Bereich zu beschleunigen, wird dem Bundesgerichtshof zudem die erstinstanzliche Zuständigkeit für Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts nach dem neuen Paragrafen 19a zugewiesen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, äußert sich positiv zur Entscheidung des Bundestags und sieht den deutschen Gesetzgeber – auch im Vergleich zur Diskussion über ähnliche Instrumente auf europäischer Ebene – international als Vorreiter. Die Zeit Online zitiert ihn mit den Worten: „Wir werden künftig bestimmte Verhaltensweisen der Big-Tech-Unternehmen schon früher untersagen können, also quasi bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.”

Unternehmen dürften künftig auch mehr Rechtssicherheit bei Kooperationen – etwa bei dem gemeinsamen Aufbau einer Plattform – erwarten. Zwar war es auch bislang möglich, die Einschätzung der Bonner Wettbewerbshüter für die geplante Ausgestaltung solcher Vorhaben mittels sogenannter Vorsitzendenschreiben einzuholen, wie etwa im Sommer im Fall der deutschen Automobilbranche geschehen, doch erst die Novelle schafft dafür eine gesetzliche Grundlage. „Gerade in Zeiten der COVID-Krise, aber auch bei der gemeinsamen Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen durch Wettbewerber, hat sich ein gesteigerter Bedarf an dem Austausch mit der Behörde gezeigt”, so Dr. Stammwitz.

Im Bereich der Fusionskontrolle werden die inländischen Umsatzschwellen, die die Anmeldepflicht einer Transaktion beim Bundeskartellamt auslösen, deutlich angehoben. Diese waren mit fünf Millionen Euro und 25 Millionen Euro im internationalen Vergleich bislang recht niedrig angesetzt. Eine Anmeldepflicht besteht künftig nur noch, wenn die Umsätze eines Zusammenschlussbeteiligten in Deutschland 50 Millionen Euro (statt 25 Millionen) und eines anderen Zusammenschlussbeteiligten 17,5 Millionen Euro (statt fünf Millionen) überschreiten. Die dritte Schwelle, die sich auf den weltweiten Umsatz aller Beteiligten bezieht, bleibt unverändert bei 500 Millionen Euro.  „Die Anhebung dürfte zu einer deutlichen Entlastung des Bundeskartellamtes führen, das im letzten Jahr circa 1.200 Zusammenschlussvorhaben zu prüfen hatte. Künftig könnten die zur Verfügung stehenden Ressourcen gezielter für komplexere Fälle eingesetzt werden“, so Dr. Stammwitz.

Nicht zuletzt kommt die Regierung mit der 10. GWB-Novelle der Umsetzung der sogenannten ECN+ Richtlinie der EU nach und erweitert die Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes.

 

 

AKTUALISIERUNG: Dieser Beitrag wurde am 19.1.2021 aktualisiert, um Informationen zum Inkrafttreten des Gesetzes aufzunehmen.

 

Erfahren Sie mehr über die neuen Kompetenzen des Bundeskartellamtes im Umgang mit großen Digitalkonzernen, die Auswirkungen der 10. GWB-Novelle auf die Fusionskontrolle und darüber, wie Compliance-Maßnahmen sich in Zukunft auf Kartellbußgelder auswirken können.

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